Artikel von Dr. Sabine Burbaum-Machert
Kunst & Material - Jan./Feb. 2009
Daniela Polz
Gefrorene Momente
Porzellan. sagt Daniela Polz. sei ein fantastisches Material: „Es ist bildsam und haptisch schön. Nach dem Brennen ist es durchscheinend, man kann mit Licht arbeiten." Dabei gibt sich die Masse gern spröde und kompliziert — „Porzellan hat eine große Schwindung und im gengebrannten Zustand ist es extrem fragil“, erläutert die Keramikerin aus Höhr-Grenzhausen.
Ihre Objekte präsentieren sich filigran, gleichsam traumverloren, und lassen Raum für eigene Welten. „Gefrorene Momente" sind ihre neuesten Werke betitelt: Dazu taucht Daniela Polz gezielt ausgewählte Gegenstände in Porzellan. Der Brand lässt eine Hülle zurück: „Was bleibt, ist der Raum dessen, was einmal war, eingeschlossen in einer Hülle. unsere Leinwand der Projektion.“ Zum Teil gießt sie die Stücke in Harz — es entsteht eine ‚gefrorene‘ Momentaufnahme.
Dabei widersetze sich ihr bevorzugtes Material jeglicher Theorie: „Die Theorie sagt: Das funktioniert nicht — etwa größere Körbe mit Porzellan zu ummanteln und dann zu brennen. Und doch: Der Kern verbrennt, es funktioniert!" Die Hülle als Raum für das, was nicht zu sehen und nur zu ahnen ist - Kommunikation und Wahrnehmung sind dieThemen, die ihre künstlerische Arbeit seit Jahren begleiten: Der Austausch zwischen inneren und äußeren Welten und ihre Grenzen. Solche Fragen der Wahrnehmung waren auch Gegenstand ihrer Abschlussarbeit zum Master of Ceramics. die sie an der University of Wales Institute Cardiff schrieb.
Der Weg zur keramischen Kunst war für Daniela Polz keinesfalls vorgezeichnet. Zunächst war ihr Leben geprägt von der Musik. Nach der schulischen Ausbildung nahm sie ein Studium der Musikwissenschaften an der Universität Frankfurt auf. „Doch ich merkte, ich benötige etwas Praktisches." Und begab sich auf die Suche. Schließlich fanden sie sich: Daniela Polz und die Keramik.
Es folgte eine Keramikerlehre bei Albert Wingenter in Münchwald. Mit dem Gesellenbrief war für sie jedoch das Streben nach Wissen, nach Vertiefung nicht zu Ende. „lch war immer auf der Suche — es gab vieles, was ich noch lernen wollte.“ Die Liebe zu diesem Land zog sie nach Italien. In einer Werkstattgemeinschaft in Certosa di Pavia arbeitete sie an der Scheibe und unterrichtete in Kursen. Doch irgendwann wusste sie, dass das Spektrum des Möglichen lange nicht ausgeschöpft war. Sie ging nach Frankfurt zu Guido Kratz. „Es war eine wundervolle Zeit — ich durfte als Gesellin frei Glasuren und Serien entwickeln.“
Von der traditionellen Keramik führte der Weg zum Design sie an die Fachschule für Kerainikgestaltung nach Höhr-Grenzhausen. „Die vielen Ausbildungsstätten haben mich hierher gelockt." Doch auch nach dem Abschluss als staatlich geprüfte Keramikgestalterin war die Sehnsucht nach Weiterentwicklung nicht gestillt. Folgerichtig schließlich der Entschluss, in Cardiff zu studieren, um vom Handwerk über das Design den Schritt zur Kunst zu vollziehen. „Ich hatte hervorragende Lehrer in Cardiff, die sehr hilfreich waren beim Finden der eigenen künstlerischen Sprache."
Heute lebt Daniela Polz wieder in Höhr-Grenzhausen, sie hat Ihr Atelier in einer Werkstatt, die sie mit anderen teilt. „Es gibt im Hinblick auf die
Keramik keinen anderen Ort, der so voll ist mit Wissen.“ Mit dem Team Trialog e.V. initiierte und leitete sie dort ein Artist-in-Residence-Projekt, um dieses immense Wissen zu teilen. Ihre Arbeit bedeutet ihr vor allem Auseinandersetzung, die Kunst ist ihr ein drängendes inneres Bedürfnis: ‚.Es gibt Dinge, Erinnerungen und Prägungen, die uns auf unserem Lebensweg begleiten und die unsere Sicht der Welt bestimmen. Meine Arbeiten beschäftigen sich mit Wahrnehmung und der Wechselwirkung zwischen dieser und unserem persönlichen Gepäck.“
Ausstellung
5. September bis 4. Oktober 2009
Artothek — Galerie Dogan im Rahmen der Schöneckener Kulturtage
Berliner Str. 1. - 54614 Schönecken
Tel. +49—(0)—6553—3389
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