Artikel von Bernd Pfannkuchen
NEUE KERAMIK - Mai / Juni 2003

DANIELA  P0LZ
Botschaften und Geschichten aus dem Zwischenreich



In ihren Arbeiten beschäftigt sich Daniela Polz mit Kommunikation und Wahrnehmung.

Dies ist der rote Faden, der sich durch ihr gesamtes künstlerischen Schaffen in den verschiedenen Bereichen zieht. Sie ist am Austausch zwischen den inneren und den äußeren Welten interessiert, und besonders gern bewegt sie sich in dem Grenzbereich, der diese Welten voneinander trennt. Das zum Ausdruck zu bringen, was den Dingen die innere Struktur gibt, ihre immanenten Geschichten zu offenbaren und diese mit den Dingen der Welt, der Umgebung in Verbindung zu setzen, ist ein Teil ihres künstlerischen Anliegens.
Dabei geht es ihr weniger um die Darstellung einer verdinglichten Idee, sondern um die Vermittlung von Interaktion. Ihre Arbeiten sind nie handwerklich oder designmäßig vorbildlich im Sinne von gefällig, schön, nützlich oder als in sich geschlossene, stumme Einzelindividuen zu sehen, sondern zeigen sich immer als Träger von Botschaften, als Geschichten erzählende oder mit Informationen befrachtete Werke, die den Betrachter auf unterschiedliche Art herausfordern.

Daniela Polz gehört zu den Menschen, die im künstlerischen Bereich zu Hause, in ihm gewachsen und engagiert sind und, von der Materialseite her gesehen, im Gegenpol einen anderen Teil der eigenen Persönlichkeit suchen und bearbeitet. Menschen dieses Typs stellen die Antipode zu einseitig ausgerichteten Spezialisten dar.

Sie ist Keramikerin, eine großartige Malerin und Graphikerin.
Sie ist Gründungsmitglied der Gruppe TRIALOG, Gruppe für Kunst, Handwerk und Design in Höhr-Grenzhausen, die seit 1999 in einem alten Kino eine gemeinsame Werkstatt betreibt; und sie ist Mitgesellschafterin von Calliope - Interaktive Medien.

Durch all diese Tätigkeiten und Aktivitäten zieht sich der rote Faden ihrer Persönlichkeit. Aus dem Tenor dieser Persönlichkeit heraus erwachsen Kontroversen, die sich zu geistigen Themen verdichten, sich in der Folge in zwei- oder dreidimensionalen Äußerungen künstlerisch manifestieren. Wir finden Keramik, spirituell in ihrer Thematik und Gestalt, und zweidimensionale Arbeiten in Acryl und als Aquarell.

Daniela Polz stellt hier ihre Arbeiten, ob 2- oder 3-dimensional‚ in einen lyrischen Kontext zu aufgefundenen oder selbst geschriebenen Texten. Wir drucken im Folgenden diese Texte, die zur Wanderung zwischen den sensiblen und sehr fragilen Aussagen der Keramiken und den poetischen Aussagen der Texte einladen.

Die keramischen Arbeiten von Daniela Polz sind auf mehreren Aussageebenen zu lokalisieren. Zum einen die symbolhaften Arbeiten, deren Aussagen klar an den Betrachter herantreten, wie zum Beispiel die "Briefe”, die "Brücke" oder auch ”Diary". Die verschiedenen Versionen des Themas "Seelenhaus” und auch die "Boote”, letztere als Symbole des Mittlers zwischen zwei Ufern oder Kontinenten, gehören ebenfalls noch hierher, sind jedoch bereits an der Peripherie dieser Gruppe angesiedelt und verweisen auf den einen oder anderen Bereich.
Zu einem dieser Bereiche gehören Arbeiten wie ”1000 Wege" oder "Spinnenrad", die in ihrer Aussage dem persönlichen Gesichtsfeld der Künstlerin entstammen und eine tiefergehende Konzentration des Betrachters erfordern. In der visuellen Analyse, verbunden mit der persönlichen Assoziationsfähigkeit, erschließt sich die Geschichtslandschaft der einzelnen Arbeiten. Zurück bleibt neben der Freude über das ästhetische Erlebnis der Eindruck, bis zu einer Ebene des Widerspruchs vordringen zu können, hinter der sich das Geheimnis der Betroffenheit verbirgt, oder aus der sie sich speist.
Mit Arbeiten wie zum Beispiel "Talking Circle" betritt Daniela Polz deutlich die Ebene der Installation. Nicht mehr die einzelne Arbeit ist Träger der Aussage, oder erfordert ein detaillierteres Eingehen, jetzt ist es das Ensemble, das den Betrachter anspricht, und die Teile in ihrem Zusammenspiel formulieren die künstlerische Aussage. Diese erschließt sich durch das visuelle und gedankliche Betreten der Anordnung und durch das innere Hinzutreten des Betrachters zu den miteinander kommunizierenden Objekten. Die einzelnen Objekte tragen durch ihre Stellung und den Grad ihrer Aktivität innerhalb der Gruppe die Gesamtaussage, die ihrer individuellen Chrakteristik übergeordnet ist.
Versucht man eine Zusammenfassung der Arbeiten von Daniela Polz, sozusagen einen Gesamtblick auf sie, finden wir uns immer in einem direkten Kommunikationsverhältnis: mal fühlen wir uns direkt angesprochen, dann wieder aufgefordert, auf die Suche nach den Hintergründen zu gehen, ein ander Mal als ein Außenstehenden der zuschauen darf, aber nicht mehr: Die Gruppe erlaubt keine Hinzutreten unter Gleichen.
Abschließend ein paar Worte zur Technik: Indem Daniela Polz bei ihrer Arbeiten reale Gegenstände in Porzellanschlicker taucht oder diesen aufpinselt und sie anschließend brennt, schafft sie Hüllen. Was bleibt ist der Raum dessen, was einmal war, dessen, was man nicht sieht, dessen, was man nur nachempfinden kann, aber seinen imaginären Teil zu der bestechenden Überzeugungskraft der Arbeiten beiträgt.



Daniela Polz wurde 1967 in Flörsheim/Main geboren. Nach dem Abitur studierte sie von 1986-88 Musikwissenschaft an der J.W.von Goethe Universität, Frankfurt. 1988-1991 Keramikerlehre bei A. Wingenter in Münchwald. 1991 Gesellenbrief.
1991 Werkstatt mit Renato Madallena/Certosa di Pavia, Italien. Produktion von Gebrauchsgeschirr. 1992-1993 Gesellenzeit bei Guido Kratz/Frankfurt. 1993-96 Fachschule für Keramikgestaltung/Höhr-Grenzhausen. 1996 Staatl. geprüfte Keramikgestalterin. 1997 MA Ceramics, Cardiff College of Arts. 1999 Gründungsmitglied der Werkstattgem. TRIALOG-Gruppe für Kunst, Handwerk und Design/Höhr-Grenzhausen. Seit 1992 beteiligt sie sich mit ihren Arbeiten im In- und Ausland an Ausstellungen.

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